Aufruf des Apostolischen Exarchen S.E.Bischof Dzyurakh zum Gebet für den Frieden in der Ukraine an Deutsche und Skandinavische Bischöfe

Aufruf des Apostolischen Exarchen S.E. Bischof Dzyurakh zum Gebet für den Frieden in der Ukraine an Deutsche und Skandinavische Bischöfe

25. Januar 2022
Aus. AE-22/018
AE-22/019

An die Herren
Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz

An die Herren
Mitglieder der Nordischen Bischofskonferenz

 

Eminenzen, Exzellenzen,
liebe Mitbrüder im bischöflichen Amt,

in der Weihnachtszeit, während alle Christen die Geburt des Heilands, des „Fürsten des Friedens“ (Jes. 9, 5) feierten und priesen, wurde dieser Frieden in Europa aufs Neue auf die Probe gestellt. Es ist in den letzten Wochen zu einer massiven Aufrüstung russischer Truppen entlang der ukrainischen Grenze gekommen. Nach offiziellen Angaben wurden in der unmittelbaren Nähe zur Ukraine über 100.000 russische Soldaten zusammengezogen. Die Lage spitzt sich täglich zu. Die Analytiker und Beobachter befürchten das Schlimmste.

Den Menschen guten Willens in der ganzen Welt wird immer deutlicher und klarer, dass es sich nicht um einen lokalen Konflikt handelt und schon gar nicht um einen „Bürgerkrieg“ innerhalb der Ukraine, wie es von russischer Propaganda ständig dargestellt wird; es geht um einen Weltanschauungskonflikt, um einen Konflikt der Werte. Zu Recht betonen die ukrainischen katholischen Bischöfe der USA in ihrem Hirtenbrief, der vor Kurzem veröffentlicht wurde, dass die Tatsache, dass die Bürger der unabhängigen Ukraine danach streben, im Einklang mit der ihnen von Gott verliehenen Würde zu leben, offenbar eine Gefahr für diejenigen darstellt, die von Macht und Herrschaft besessen sind und Angst vor einem möglichen Machtverlust haben – wie in der Weihnachtsgeschichte Herodes, der die unschuldigen Kinder töten ließ, weil er sich von einem Neugeborenen bedroht fühlte.

Mit meinen Mitbrüdern, den ukrainischen Bischöfen fragen wir uns: „Wie lange wird dieses Leiden noch dauern? Wie viele zerbrochene Familien, in Armut lebende Witwen und Waisenkinder, leidende Väter, Mütter und Großeltern wird dieser Krieg noch verursachen? Wie viele Kirchen, Moscheen, Synagogen, Schulen und Krankenhäuser, Brücken und Straßen, Häuser und Wohnungen, Fabriken und Flughäfen werden noch zerstört werden? Wie viele Millionen Menschen in der Ukraine werden noch verarmen, ihre Arbeit und ihr Zuhause verlieren, gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen? Der Krieg ist in der Ukraine allgegenwärtig. Er tötet, verstümmelt und zerstört. Falls sich die russische Invasion in die Ukraine verstärkt, wird sie Millionen von neuen Flüchtlingen verursachen, werden noch mehr Menschen getötet oder verwundet, wird es noch mehr Tränen und Schmerz geben.“

Die weihnachtliche Geschichte wiederholt sich nicht nur in den freudigen Momenten der Begegnung mit dem Heiland, sondern auch in den dramatischen Bildern des Krieges, die aus unserer Heimat kommen und einen Schatten auf unsere Weihnachten werfen: „Ein Geschrei war in Rama zu hören, lautes Weinen und Klagen: Rahel weinte um ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn sie waren dahin.“ (Mt 2,18). In den bisher acht Jahren des von Russland angezettelten Krieges hat die Ukraine einen großen Teil ihres Territoriums verloren, über 14.000 Menschen haben in diesem Krieg ihr Leben verloren, unter ihnen auch viele Kinder. Über 1,5 Millionen Menschen sind in andere Gegenden der Ukraine geflohen, Tausende haben die Ukraine verlassen und sind in den Westen gezogen, was auch unsere Gemeinden in Deutschland zu spüren bekommen haben. Hundertausende Menschen wohnen nach wie vor direkt in Kriegsgebieten, Millionen Menschen leiden an posttraumatischem Schock. Heute gibt es bereits ca. 400.000 Veteranen des russisch-ukrainischen Krieges und es gibt auch Tausende, die Verwandte, Freunde oder Bekannte im Krieg verloren haben“.

Während die Bürger der Ukraine standhaft bleiben und für ihre Freiheit und für ein selbstbestimmtes Leben in Würde kämpfen, wenden wir uns an Sie und an alle Menschen guten Willens mit einem Aufruf zur Solidarität und Unterstützung.

Wie können wir in der bestehenden Situation den Menschen in der Ukraine helfen? Was können wir tun?

Beten. Unser Heiliger Vater, Papst Franziskus, hat alle Katholiken auf der Welt aufgerufen, morgen, am 26. Januar, für die Ukraine zu beten. Beten Sie mit uns für Frieden und Gerechtigkeit in der Ukraine. Gott ist gütig und menschenfreundlich, Er ist der Herr der Geschichte. Gottes Gnade berührt die härtesten Herzen. Möge Er die Herzen der Gewalttäter bekehren und die Ukraine und ihre Bürger vor weiterem Unheil bewahren und ihnen Seinen Frieden schenken.

Eintreten für die Wahrheit. Informieren Sie sich aus zuverlässigen Quellen und treten Sie gegen russische Fehlinformationen für die Wahrheit ein. Die Welt darf in der jetzigen Situation nicht wegschauen. Suchen Sie nach der Wahrheit, teilen Sie die Wahrheit mit anderen – sie macht frei und schenkt uns allen Weisheit.

Unterstützen. Die Ukraine befindet sich momentan in einer tiefen humanitären Krise. Die Menschen in Kriegsgebieten benötigen Trinkwasser, Lebensmittel, Kleidung und Medikamente. Die Flüchtlinge in der Ukraine und auch hier in Deutschland brauchen Hilfe beim Wiederaufbau ihrer Existenz, finanziell und spirituell.

Ihre Spende unter dem Stichwort „Kriegsopfer“ auf das Spendenkonto der Apostolischen Exarchie: IBAN: DE29 7509 03000102 1032 57, LIGA Bank München wird von uns unverzüglich an bedürftige Kriegsopfer weitergeleitet.

Möge Gottes Gabe der Menschenwürde und Freiheit geachtet und beschützt werden, sowohl in der Ukraine als auch auf der ganzen Welt!

 

+ Bohdan Dzyurakh
Apostolischer Exarch für die katholischen Ukrainer
des byzantinischen Ritus in Deutschland und Skandinavien