Weihnachtsbotschaft der Hierarchen der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche in Westeuropa

Weihnachtsbotschaft der Hierarchen

der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche in Westeuropa

Hochwürdigste Herren Pfarrer, Ehrwürdige Ordensschwestern,
liebe Schwestern und Brüder in Christus!

Christus ist geboren! Lasst ihn uns preisen!

Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie und sie fürchteten sich sehr. Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. (Lk. 2, 9-12)

Mit den Worten des Engels verkündet uns die Kirche eine große Freude: die Geburt unseres Herrn und Erlösers, der uns von Anbeginn der menschlichen Geschichte versprochen wurde (1 Mose 3, 15) und der Fleisch geworden ist, als die Zeit der Erfüllung der Verheißung gekommen ist (Gal. 4, 4).
Die Geburt des Erlösers hat das Ende der Herrschaft des Teufels und seiner dunklen Mächte gebracht und den Menschen aus der Knechtschaft der Sünde und des dem Tode Ausgeliefertseins befreit.
Daher hat uns mit der Geburt Christi eine neue Freude heimgesucht, die mit der vorherigen Freude des Menschen in der Welt nicht zu vergleichen war.
Unser berühmtes Weihnachtslied spricht daher bewusst darüber, dass „… eine neue Freude, die noch nie da war, gekommen ist …“. Das ist die Freude der Rückkehr der Menschheit zur lebensspendenden Einheit mit Gott, die wir durch unseren Herrn Jesus Christus erlangen. Dies ist die Freude der Erlösung von der Sünde, die uns vom Herrn geschenkt wird, der mit einem Ziel kommt – „… sein Volk von seinen Sünden zu erlösen …“ (vgl. Mt. 1, 21).
Daher gibt es keinen besseren Weg, sich in christlicher Weise auf die Geburt Christi vorzubereiten, um dieses Ereignis auf christliche Weise zu begehen, als die Freude Gottes in sein Herz und sein Leben einzulassen und im Mysterium (Sakrament) der Versöhnung und der Buße weiterzuleben.
So werden in unseren Pfarreien von den Seelsorgern Exerzitien und Einkehrtage durchgeführt, in denen die Gläubigen eingeladen werden, „… voll Zuversicht hinzutreten zum Thron der Gnade …“ (vgl. Hebr. 4, 16) und im Sakrament der Beichte „… das Wasser freudig aus den Quellen des Heils zu schöpfen …“ (vgl. Jesaja 12, 3).
Wir hoffen also, dass auch in diesem Jahr, trotz der immer noch geltenden Kontaktbeschränkungen in unseren Gemeinden, genügend solcher gnadenreichen Tage und Momente der geistigen Erneuerung vorhanden sein werden, und rufen die Gläubigen dazu auf, weiterhin aus diesen gnadenreichen Gaben zu schöpfen, die uns der neugeborene Erlöser zur Erfüllung unserer Seelen mit Frieden und unserer Herzen mit der Freude der Engel bringt (vergl. Lk. 15, 7.10).
Als der Engel zu den Hirten auf dem Feld nahe Betlehem sprach, sagte er, dass ihnen der Erlöser „heute“ geboren wurde.
Dieses „Heute“ im Evangelium hat den Anfang einer neuen Zeitrechnung, eine neue Ära der Gnade Gottes gebracht. Aber, da unser Herr und Gott Erlöser der ganzen Menschheit ist, so hat dieses „Heute“ eine andauernde, sogar eine zeitlose Bedeutung. Es betrifft auch uns alle. Der Erlöser wird heute auch für uns geboren, um unser „heutiges Dasein“ zu heiligen und uns in diesem heutigen Dasein Gott ähnlich zu machen.
Denn unser „Heute“ bedarf so sehr der Göttlichen Erlösung! Heute dauert der Kampf zwischen Gut und Böse an und diesen Kampf könnten wir nicht gewinnen, wenn wir auf uns allein gestellt wären. In diesem Kampf tragen wir die Bürden unserer Sünden, die uns nur die Gnade Gottes abnehmen kann. In unserem „Heute“ bluten noch die Wunden des Krieges im Osten der Ukraine und dieses „Heute“ ist auch von der Angst vor dem tödlichen Virus und den wegen dieses von uns gegangenen Verwandten und Freunden gekennzeichnet. All diese schrecklichen Nachrichten, die uns jeden Tag erreichen, steigern in unseren Seelen die Gefühle der Angst, der Unsicherheit und der Unruhe.

In diesem unseren „Heute“ wird er geboren – Christus der Erlöser, der gekommen ist, damit wir das Leben haben und es auch in Fülle haben (vergl. Joh. 10, 10), und der heute nach uns seine Hände aus der Krippe ausstreckt und uns mit unaussprechlicher Liebe zuruft: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.“ (Mt. 11, 28)
Wir, die durch unseren neugeborenen Erlöser und seine göttliche Gnade Stärkung erfahren haben, können für unsere Nächsten selber Träger der Freude und der Hoffnung sein, indem wir mit den Worten eines Weihnachtslieds unserer Ahnen singen:

Lasset uns Brüder und Nachbarn,
allerlei Sorgen und Nöte vergessen,
Zeit ist es, Trauer und Kummer zu lassen,
da diese genug wir erfahren schon haben,
Heute soll Freude uns grüßen,
dass unser Herr liegt geboren zu Füßen.

Letztendlich weist der Engel auf das Zeichen, dank dem die Hirten den menschgewordenen Gott finden können: „Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.“ (Lk.2, 12) Im schutzlosen und armen Kinde finden sie den Erlöser der Welt wieder. Ihm als Kind begegnen sie und huldigen Ihm, und die Könige legen ihre Gaben vor Ihm nieder. Von diesem Moment an und auf ewig wird ein armer Mensch zum Mysterium der Anwesenheit Gottes, zum Ort der Begegnung der Gläubigen mit Gott. Damit lehrt uns die Geburt Christi, in den armen, marginalisierten, bedürftigen und leidenden Menschen Gott zu sehen zu können und durch unsere Aufmerksamkeit, Fürsorge und Zuwendung ihnen gegenüber dies auch dem menschgewordenen Gott tun zu können. Gerade in der Weihnachtszeit, wo überall feierliche Laune und ein Gefühl der Geborgenheit in der Familie herrscht, sind wir aufgerufen, unseren Blick auf den zu richten, dem Unterstützung, Wärme und Liebe fehlen. Wenn wir uns diesen Menschen in Barmherzigkeit, Liebe und Führsorge nähern, gehen wir einen Schritt unserem Gott entgegen.

In unserem Volk gibt es den schönen Brauch, an Heiligabend einen freien Platz zu wahren – ein Zeichen des Andenkens an unsere Verwandten und unsere Lieben, die von uns gegangen sind. Es ist aber auch ein Zeichen der Offenheit gegenüber Armen und Bedürftigen. Lassen wir nicht zu, dass dieser Brauch bloß ein uralter Brauch bleibt, er soll uns zum Handeln bewegen, damit wir Christus durch eine konkrete Tat ehren; in der Aufnahme eines Migranten, in der Unterstützung eines Neuankömmlings aus seiner Heimat. Denn auch wir waren erst vor Kurzem in der schwierigen Situation eines Migranten. Teilen wir sowohl Kleidung und Essen als auch Wärme und ein Lächeln mit demjenigen, dem es an diesen Sachen mangelt. Indem wir das tun, entdecken wir immer tiefer die mystische Anwesenheit Gottes, der uns im Jesuskind heimsucht und uns in Gestalt eines jeden Bedürftigen immer wieder begegnet.

Liebe Schwestern und Brüder in Christus! Wir gratulieren Euch zu diesem Weihnachtsfest und wünschen Euch, erfüllt zu sein von Freude, um dadurch Zeugen der segensreichen Hand Gottes in eurem Leben, im Leben eurer Verwandten und aller, die Ihr in euren Herzen und Gebeten tragt, sein zu können. Lasset uns die Gaben unseres Glaubens und unserer weihnachtlichen Freude mit denen teilen, unter denen wir leben. Damit jede Begegnung zur Gelegenheit wird, die Nähe Gottes spüren zu dürfen, Ihm in Gestalt unseres Nächsten huldigen zu können und im Glauben rufen zu können: „Christus ist geboren!“ – „Lasst ihn uns preisen!“

 

Gegeben in London, München, Rom, Paris und Kyiv
am 04. 12. 2021

Bischof Kenneth Nowakowski
Bischof der Eparchie der Heiligen Familie in London
Bischof Bohdan Dzyurakh
Apostolischer Exarch für katholische Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland und Skandinavien
Bischof Dionisio Lachovicz
Apostolischer Exarch für die Ukrainer in Italien
Bischof Hlib Lonchyna
Apostolischer Administrator der Eparchie des Hl. Wolodymyr in Paris
Bischof Stepan Sus
Kurienbischof, Leiter der Partiarchalabteilung der UGKK für Pastoral und Migration