„Mitten im Leben sind wir vom Tod empfangen“ – Beten für den Frieden in der Ukraine in Augsburg

„Mitten im Leben sind wir vom Tod empfangen“, betonte Bischof Dr. Bertram Meier in seiner Aschermittwochspredigt in der Ulrichsbasilika. Die Auferstehung Christi bedeute aber auch den Sieg des Lebens: „Mitten im Tod sind wir vom Leben umfangen.“ Als Gast bei der Aschermittwochsliturgie und der anschließenden Friedensandacht war der Apostolische Exarch der Ukrainischen Griechisch-katholischen Kirche Bischof Dr. Bohdan Dzyurakh CSSR geladen, der gemeinsam mit Bischof Bertram auch das Aschekreuz austeilte.

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Zu Beginn des Aschermittwochsgottesdienstes begrüßte der Bischof den Exarchen als besonderen Gast und stellte die Feier, einem Aufruf des Papstes folgend, ganz unter das Zeichen des Krieges in der Ukraine. Der ursprünglich geplante Aschermittwoch der Künstler wurde daher bewusst reduziert; anstelle eines Empfangs mit Buffet gebe es im Anschluss an den Vortrag ein ökumenisches Gebet des Bischofs mit Exarch Dzyurakh und Regionalbischof Axel Piper, zu dem der Bischof die Menschen herzlich einlud. Außerdem rief er zum bleibenden karitativen Engagement für die Menschen in Osteuropa auf, sowohl in Form von Spenden als auch in der Flüchtlingsunterstützung vor Ort in der Ukraine und hier in Deutschland: „Öffnen wir Flüchtlingen unsere Türen, unsere Herzen!“

„‚Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen‘ – Diesen Choral stellen wir bewusst an den Anfang der Fastenzeit“, eröffnete der Bischof im Anschluss seine Predigt mit Verweis auf einen bekannten gregorianischen Choral des Frühmittelalters. Die vergehende Blüte des Lebens und der sich in Krankheit und Alter ankündigende eigene Tod werde am Aschermittwoch in liturgische Worte gefasst, wenn zum Aschekreuz auf der Stirn die mahnenden Worte des „Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehren wirst“ gesprochen würden.

So wie die Asche der beginnenden Fastenzeit aus den Palmzweigen des Vorjahres gewonnen werde, bestehe auch im menschlichen Leben oft ein großer Kontrast: „Was alles im Leben hat einmal feurig begonnen und mit der Zeit ist es ausgebrannt!“ Neujahrsvorsätze, die in sich zusammenfielen, das erlöschende Feuer der Jugend oder die allzu oft in Gewohnheit erkaltende Liebe zwischen Menschen oder auch der Menschen zu Gott seien Beispiele dafür: „Die Asche, die durch meine Finger rinnt, erinnert mich auch an mein Verhältnis zu Gott. Die Freude an Gott, der meine Kraft ist, der mich persönlich gerufen hat, kann wie ein loderndes Feuer sein. Wie stark brennt es noch?“

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Zugleich sei das Ascheritual dieses Tages aber auch ein Bekenntnis zur und eine Erinnerung an die eigene Schuld: „Bedenke Mensch, auch du bist nicht ohne Schuld. Voller Schuld ist deine Asche.“ Hier sei aber das entscheidende Zeichen die Auftragung der Asche in Form eines Kreuzes. So wie Jesus im Tod am Kreuz das Leben gewonnen habe, sei auch unserem kleinen und großen Sterben der tödliche Stachel gezogen: „Der Zweikampf zwischen Leben und Tod ist aus. Der Tod ist verschlungen vom Leben. Die Waffe des Lebens ist die Liebe“, so Bischof Bertram.

„Darin liegt der tiefste Sinn des Aschenkreuzes: Loslassen lernen, um im Lieben neu leben zu lernen. Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehren wirst. Bedenke aber auch, dass du mehr bist als ein Häuflein Elend“, sagte der Bischof abschließend in seiner Predigt. Bereits bei unserer Taufe sei uns ein Chrisamkreuz aufgetragen worden, das unsere Verbindung mit Christus in unauslöschlicher Weise zeige: „Das Kreuz stellt auch den Choral auf den Kopf. Nicht nur: Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen. Sondern auch: Mitten im Tod sind wir vom Leben umfangen. Es geht los: Ostern entgegen, dem Fest des Lebens!“

Das Aschekreuz teilte der Bischof im Anschluss an seine Predigt gemeinsam mit dem Apostolischen Exarchen der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche Bischof Dr. Bohdan Dzyurakh CSSR aus, der als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine zu diesem Gottesdienst eingeladen worden war. Exarch Dzyurakh steht den rund 50.000 Gläubigen vor, die dieser katholischen Teilkirche mit eigenem Ritus in Deutschland und Skandinavien angehören. Er war in dieser Funktion bereits im vergangenen Sommer mit Bischof Bertram in Augsburg zusammengetroffen. Am Ende der Liturgie richtete sich der Exarch an die anwesenden Mitfeiernden und dankte ihnen und allen Deutschen für ihre große Solidarität; diese sei ein „Licht im Dunkel“ des Krieges in seinem Heimatland.

Am frühen Nachmittag kamen Bischof Bertram und Exarch Dzyurakh gemeinsam mit dem evangelischen Regionalbischof Axel Piper und der Augsburger Oberbürgermeisterin Dr. Eva Weber wieder in der Ulrichsbasilika zusammen, um dort in einer gemeinsamen Andacht für den Frieden in der Ukraine und der ganzen Welt zu beten.

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„Sammle meine Tränen in deinen Krug“, dieses Flehen zu Gott aus dem Psalm 56 stand im Zentrum dieses 45-minütigen Friedensgebets. Eindringlich beteten die beiden Bischöfe: „So bringen wir, Gott, die Tränen aller, die Opfer des Krieges geworden sind, die verletzt wurden, die vertrieben wurden oder auf der Flucht sind, die Tränen der Kinder.“ Mit der Hoffnung versprechenden Lesung aus der Offenbarung des Johannes endete das Friedensgebet. Am Aschermittwochsabend wird Bischof Bertram an einer weiteren Friedensandacht im Ulmer Münster teilnehmen, zu dem die Städte Ulm und Neu-Ulm aufgerufen hatten.

In einem Vortrag zum „Aschermittwoch der Künstler“ im Haus Sankt Ulrich hatte die Dogmatikprofessorin an der Augsburger Universität Gerda Riedl am Vormittag ein um 1200 entstandenes Tympanon der Ulrichsbasilika vorgestellt, das neben der Fußwaschung Christi auch die Grundtugend der Demut in figürlicher Darstellung zeigt. Martin Haugg von voxeljet, einem Friedberger Anbieter für 3D-Drucksysteme, erläuterte im Anschluss, wie Kunstwerke wie das Tympanon dreidimensional erfasst, gescannt und repliziert werden können. Für die Gäste des Vortrags bestand zudem die Möglichkeit, kleinformatige 3D-Drucke des Tympanons mit nach Hause zu nehmen.